Die Arbeit mit Kindern mit einer autistischen Störung ist in der Schule eine Herausforderung. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, diesen Kindern zu helfen, sich in der Klasse zurechtzufinden und ihren Anspruch auf eine Teilhabe in der Gesellschaft zu unterstützen. Doch die Herausforderung liegt eigentlich nicht bei uns,
sondern bei den jungen Menschen mit einer autistischen Störung. Das Hauptziel liegt sicherlich nicht darin, den Betroffenen einfach nur "gesellschaftsfähig" zu machen, sondern auch das Umfeld zu sensibilisieren, mit diesen besonderen Menschen zu leben und damit allen Beteiligten ein möglichst störungsfreies Miteinander zu ermöglichen.
Heinz Sterr, Sonderschulrektor, Schule an der Heckscher Klinik, Beratungsschule für Kinder und Jugendliche mit autistischen Verhaltensweisen, München, schreibt in dem Buch "Autismus, ein häufig verkanntes Problem" in dem Kapitel "Autismus im Schulalter" zu diesem Thema: | Einblenden | |
Heinz Sterr, Sonderschulrektor, Schule an der Heckscher Klinik, Beratungsschule für Kinder und Jugendliche mit autistischen Verhaltensweisen, München,
schreibt in dem Buch "Autismus, ein häufig verkanntes Problem" in dem Kapitel "Autismus im Schulalter" zu diesem Thema:
"Da es keine wesenseigene Schulform für Autisten gibt, haben die Kinder und Jugendlichen den im Schulgesetz verankerten Anspruch auf Integration in der wohnortnahen allgemeinen Schule. Durchschnittlich begabte autistische Schüler sind durchaus in der Lage, das Bildungsgut der allgemeinen Schulen bei entsprechender mobiler therapeutischer Betreuung zu bewältigen. Den oft extrem ausgeprägten Verhaltensauffälligkeiten von Autisten stehen Lehrer und Mitschüler einer Regelklasse jedoch großenteils ratlos gegenüber. Gegenwärtig sind für autistische Kinder und Jugendliche, selbst bei guter kognitiver Begabung, die 'Überlebenschancen' in den allgemeinen Schulen äußerst gering. Das unentbehrliche Angebot individueller Hilfen, etwa in Form von Schulbegleitung, scheitert häufig an der Kostenfrage. Die Lehrer an Regelschulen wurden zudem während ihrer Ausbildung überhaupt nicht oder nur unzugänglich auf den Umgang mit autistischen Kindern und Jugendlichen vorbereitet. Deshalb sind sie den oft außerordentlichen Anforderungen, die ein Mensch mit Autismus an sie, die Schüler ihrer Klasse und an die gesamte Schule stellt, nicht gewachsen. Eltern autistischer Kinder und Jugendlicher weichen deshalb in der Beschulung seit Jahren, soweit die Möglichkeit dazu besteht, auf den Besuch von Förderschulen aus. Vor allem in Schulen zur individuellen Sprachförderung, in Schulen für Körperbehinderte und in Schulen für Sehbehinderte finden autistische junge Menschen bei Vorliegen dieser oft nur ansatzwei-se feststellbaren Behinderung immer wieder Aufnahme und können dort auch bei enger Zusammenarbeit von Lehrern und Eltern erfolgreich beschult werden. Gleichwohl kann integrative Förderung autistischer junger Menschen durch mobile therapeutische Betreuung in der wohnortnahen Schule gelingen, wenn folgende Forderungen gebührende Berücksichtigung finden: Ausbildung und regelmäßige Fortbildung aller Lehrer der allgemeinen und weiterführenden Schulen im Hinblick auf den Umgang mit einem autistischen jungen Menschen in der eigenen Klasse sorgsame Auswahl der Schule und der Lehrerpersönlichkeit Enge Zusammenarbeit zwischen den Lehrern der allgemeinen Schule, den mobilen therapeutischen Betreuern und den Eltern autistischer Kinder Vorbereitung aller Schüler der Klasse und deren Eltern auf den autistischen Mitschüler Bereitstellung besonderer räumlicher Ausstattung, die für den autistischen Schüler unabdingbar ist (etwa Arbeitsplatzgestaltung, Rückzugsmöglichkeiten, reizarme Zonen) Rücksichtnahme auf individuelles Lernverhalten (etwa Lerntempo, Zwänge in der Arbeitsweise, übergroßes Interesse für besondere Themen, Umfang des Lernstoffes, Problem des Leistungsnachweises) Verständnis für die Unfähigkeit des Autisten, Beziehungen zu anderen Menschen aufzunehmen für seine Möglichkeit, Sprache nur begrenzt zur Kommunikation zu benutzen und zugleich ein geringes Maß an Gestik und Mimik aufzubringen für die Tatsache, dass er Sprache nur eingeschränkt entschlüsseln kann für seine eingeschränkte Fähigkeit zum Blickkontakt für seine reduzierte Hinwendung zum Gegenüber für die unangemessene Art seiner Interaktionen für die ihm innewohnenden individuellen Gesetzmäßigkeiten Dem autistischen Kind soll im Unterricht der allgemeinen Schule so wenig wie möglich eine Sonderrolle zuteil werden, wiewohl es ohne spezifische Betreuung nicht auskommt. Der gegenwärtige Aufbau und Ausbau der Mobilern Sonderpädagogischen Dienste erweist sich als überzeugende Maßnahme zur integrativen Förderung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Auch im Förderbereich des Autismus liegt ein bislang noch unbestelltes Feld, das der Mobile Sonderpädagogische Dienst künftig betreten muss. Unabdingbare Prämisse ist indes eine vorausgehende fachliche Qualifizierung. Durch seine Fachkompetenz soll der Sonderschullehrer des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes den Schulen 'Hilfe zur Selbsthilfe' bieten, damit diese den Förderbedarf autistischer Schüler möglichst angemessen erfüllen können." (Quelle: Bruno Schor / Alfons Schweiggert: "Autismus, ein häufig verkanntes Problem" Kinder und Jugendliche mit autistischen Verhaltensweisen in allen Schularten Verlag: Auer / ISBN-Nr. 3-403-03201-9) |